Und wenn ich einmal traurig bin, trink ich einen Glühwein…

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Wusstet ihr, dass Leipzig voll der Renner, die schnellst wachsende Großstadt Deutschlands ist und sich still und heimlich auf Platz 3 der lebenswertesten Städte in Deutschland geschlichen hat? Ja, ich auch nicht. Es ist schön zu sehen, wie sich eine Stadt erholen kann, bedenkt man, das Leipzig  zur sowjetischen Besatzungszone gehörte, von der Roten Arme eingenommen wurde und, ach ja, die USA mischte da auch noch kräftig mit.

Es wurde so einiges wieder auf die Beine gestellt und es hat sich gelohnt. Die Innenstadt glänzt mit Restaurants, die Speisen aus aller Herrenländern anbieten, kleinen Cafes, unglaublich guten Einkaufsmöglichkeiten und viel Kultur. Sollte man das Stadtleben mal satt haben, ist man in wenigen Minuten mit dem Auto an der wunderschönen Leipziger Seenplatte. Hier kann man zum Beispiel im Sommer in einem Boot grillen. Der Grill befindet sich nämlich praktischerweise mittig von besagtem Boot. Grillen und Chillen sozusagen. Sollte evtl. Boot aufgrund unsachgemäßer Handhabung des Grills Feuer fangen, würde es sich letztendlich selbst löschen.

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Da wir uns aber leider derzeit im Winter befinden und ich höchstens meinen Grill auf die zugefrorene Seenplatte stellen könnte, wurde es kein „Grillen mit Chillen“ sondern ein wenig Kultur und da bot sich das Völkerschlachtdenkmal an. Das sollte bei einer Reise in Leipzig unbedingt mit besucht werden. Wie könnte man das auch auslassen! Mit der Größe von stolzen 91 Meter drängt es sich förmlich auf. Es steht zum Gedenken an die Schlacht 1813 vor den Toren Leipzigs. Diese Schlacht, auch bekannt als Befreiungskrieg, führte Napoleon an und weil es anscheinend zu fad ist, gegen ein Volk zu kämpfen, hat er es gleich mit Österreich, Preußen, Russland und Schweden aufgenommen. Was für ein Depp. Überraschung, er verlor. Ob er jetzt zu den „Guten“ oder den „Schlechten“ gehörte, war trotz mehrmaligen Lesens des geschichtlichen Artikels nicht ganz für mich nachvollziehbar. Aber es war eine Schlacht, da gibt es für mich sowieso nur „schlecht“. Spätestens nach diesem Absatz fällt mein ehemaliger Geschichtslehrer wahrscheinlich vom Stuhl und erleidet einen kleinen bis mittlerern Schlaganfall. Sorry, aber Napoleon gehörte nicht zu meinen Stärken. So stand ich nun vor diesem Denkmal. Es sollte uns Menschen ein Mahnmal sein, soviel war auf jeden Fall klar. Ein Gedenken an die sinnlosen Kriege bzw. Kämpfe, sinnloses Blutvergießen und das sinnlose Streben nach Macht. Ich würde vorschlagen,  wir erweitern das Denkmal auf weitere 91 Meter, damit es auch der letzte Diktator, Attentäter oder einfach Unruhestifter dieser Welt sieht.

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Nach diesem nervlich aufbrausendem Erlebnis brauchte ich erstmal einen Glühwein. So ging es auf dem derzeitigen und wunderschönen Leipziger Weihnachtsmarkt und da meine Schwester mit Familie hier wohnhaft ist – also in Leipzig und nicht in einem Wichtelhaus am Weihnachtsmarkt- nahmen wir das gleich zum Anlass für einen Familienausflug. Was soll ich sagen, die Bevölkerungsanzahl in Deutschland liegt derzeit bei ca. 82 Millionen und ich bin fest der Überzeugung, sie waren alle an diesem Tag am Leipziger Weihnachtsmarkt. Es war einfach überfüllt, verständlicherweise, da es ein wunderschöner Weihnachtsmarkt ist. So tranken wir  unseren Glühwein zwischen Menschenmengen, Rostern  und anderen heimischen Köstlichkeiten. Und da fand ich es: Das Tinder der Altzeit. Für unwissende bezüglich Tinder, versuche ich es kurz und knapp zu erklären. Bei Tinder handelte es sich um eine Kennenlern-App fürs Handy. Hier werden Fotos von potenziellen neuen Partner, Bekanntschaften oder Whatever man sucht, angezeigt. Mit einem flotten nach „links – wischen“ des Fotos vom Gegenüber macht man sein Desinteresse kund und mit einem kecken „rechts- wischen“ teilt man sein Interesse mit. Sollte sich nun Gegenüber auch fürs „rechts Wischen“ bei eigenem Foto entschlossen haben, kommt es zum sogenannten Match und es kann wild geschrieben, gebalzt und geflirtet werden. Genauso lief es wahrscheinlich vor 100 Jahren unter dem Mistelzweig ab. Einfach darunter stellen und abwarten. Sollte dann ein Mann zielsicher auf einen zu stürmen, den man vielleicht, sagen wir mal, nicht so toll findet, dann schiebt man ihn einfach links von einem vorbei. Der Rest ist dann wohl selbst erklärend. Das ist zu mindestens meine Interpretation des Mistelzweigs.

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So schlenderten wir also weiter und kehrten in Auerbachs Keller ein. Der laut meiner Schwester ein absolutes Muss ist (siehe Foto), da Goethe hier schon verkehrte und das nicht genug, er hinterließ auch noch einen flotten Spruch. Also aufgepasst: „Wer nach Leipzig zur Messe gereist, ohne auf Auerbachs Hof zu gehen, der schweige still, denn das beweist: Er hat Leipzig nicht gesehen.“ Ehrlich? Er hätte lieber sagen sollen: Egal wie voll ihr hier seid, ich bin Goethe und somit „Dichter“! Nachdem wir also den Fuß von Faust alias Goethe gestreichelt haben und auf unser Glück warteten, überlegte ich,  ob Leipzig meine „Sinncity“ werden könnte. Freizeitangebote wären zahlreich vorhanden, ein pulsierendes Stadtleben sowie ein ruhiges „Landleben“ sind nur wenige Minuten voneinander entfernt, ein Job wäre mir auch sicher und ein Teil meiner Familie wäre auch noch da. Aber ich bin ehrlich, irgendwie werde ich mit dieser Stadt nicht warm, beziehungsweise sie nicht mit mir. Bei meinem zweistündigen Weihnachtsmarktbesuch wurde ich vier Mal angepöbelt, mir wurde auch jedes Mal lautstark das Problem, das ich angeblich verursacht habe, mitgeteilt, aber dank dem dort herrschenden Dialekt habe ich lediglich von vier Problemen eines akustisch verstanden. Ich stand anscheinend mit meinem „stinkenden“ Pizzastück unvorteilhaft am Ladeneingang! Ihr Wutausbruch mir gegenüber wurde von ihrem Freund mit den Worten: „Komm Chantal, ärger dich nicht,“ beendet! Chantal? Dazu ist wirklich nichts mehr hinzuzufügen! Natürlich möchte ich nicht alle über einen Kamm scheren, aber der erste Eindruck zählt nun mal und somit hat sich Leipzig für mich erledigt. Besuchen, ja – leben, nein! Und überhaupt, Roster ? Das heißt  Bratwurst, kruzifix ! So viel Glück konnte ich mir an Goethes Fuß nicht erstreichelt haben, dass ich hier glücklich werde. Also kommen wir zu meine Resumé:

Freizeitangebot: ♥♥♥♥

Gastronomie  : ♥♥♥

berufliche Perspektiven: ♥♥♥♥

Lebenskosten: ♥♥♥

Besonderheiten: ♥♥♥

Menschen: ♥

So, nun schnell wieder weg! Das nächste Ziel wird ein klassisches Heimspiel und die Spielwiese wird einer der schönsten Weihnachtsmärkte Deutschlands.

 

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